Bologna

24. bis 27. Oktober 2024

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26 Juli 2019

LMX: DAS VERGESSENE MÄRCHEN 

in: OLDTIMER UND ERSATZTEILE
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Nicht mehr als 50 berührten die Straße, doch die kurze Erfahrung des Sirex kreuzt die Geschichte von vielen Stars der Automobilwelt, angefangen beim Designer Franco Scaglione. Ein Auto, bei dem jedes Detail in einem gewissen Design erstrahlt. Auf ersten Blick wird es für ein amerikanisches Auto gehalten, doch es entstand in einer Mailänder Einkaufspassage bei der Begegnung eines Spielzeugverkäufers und eines visionären Ingenieurs. Im Rahmen von Auto e Moto d‘Epoca 2019 erzählen wir Ihnen seine Geschichte, die vor einem halben Jahrhundert begann.

Der eine war Italiener, Leiter eines wichtigen Spielzeuggeschäfts in der Galleria Manzoni in Mailand. Der andere, halb Franzose und halb Argentinier, war hingegen ein auf Fiberglasautos und einem Fahrgestell mit mittlerem Längsträger spezialisierter Ingenieur. Sie trafen sich in einem Nachtlokal in Mailand und beschlossen ein Auto zu bauen. Giovanni Mandelli war ein typischer Mailänder: aktiv, effizient, kreativ. Stets in Bewegung. Jean Michel Liprandi war dem großen Publikum unbekannt, doch er hatte bereits mit wichtigen Namen der Motorsportwelt zusammengearbeitet: Panhard, De Tomaso, Abarth und OSCA.

Etwa zwei Jahre testeten die beiden Ideen und Lösungen in einer kleinen Werkstatt und gingen dabei von einem Fahrgestell aus, das Liprandi von seinen vorangegangenen Erfahrungen mitgebracht hatte. So gründeten sie zuerst Limaplas und dann LMX Automobile s.r.l. (Gesellschaftskapital 5 Millionen Lire). Als sie dann bereit waren, brauchten sie einen definitiven Entwurf für eine Karosserie. 

So betrat allmählich ein Bild der Automobilwelt der 60er Jahre die Bühne. Die beiden wandten sich an Eurostyle in Turin, das einzigartige Exemplare für eine ausgewählte Kundschaft baute. Hier arbeitete Ivo Barison, ein weiterer vergessener, jedoch bedeutender Name in der Automobilwelt. Barison übernahm den Auftrag des Entwurfs und wusste, an wen er sich damit wenden konnte. Ebenfalls in Turin wohnte nicht weit entfernt Franco Scaglione, der damals bei Alfa Romeo und Intermeccanica im Einsatz war, jedoch zu eingeschränkter Zusammenarbeit, nämlich um ein Design zu liefern, verfügbar war, da er nicht die notwendige Zeit besaß, den technischen Teil des Projekts zu betreuen.

Es war diese Designlegende, die den Rohentwurf von Liprandi zum Leben erweckte und die Formen des LMX Sirex entwickelte: Ein Gran Turismo, der zum Coupé und Cabrio angepasst werden konnte. Doch auch der Sirex bereicherte seinen Schöpfer, denn genau dieses Auto ließ Scagliones Stilgedanken zum Ausdruck kommen, von den weichen Kurven des Alfa 33 zu den kantigen Linien des Intermeccanica Indra, den er anschließend entwarf. Der Sirex wurde zum Verbindungselement zwischen dem Geschmack der 60er und dem der 70er Jahre.

Der Sirex wurde offiziell 1969 präsentiert: genau vor 50 Jahren. Und er kam sehr gut an: wegen seiner Linie, den technischen Lösungen, dem leistungsstarken Motor, seinem geringeren Gewicht (er war aus Fiberglas und das Fahrgestell wog nur 74 Kilo). Außerdem trug der Turbomotor die Handschrift eines weiteren klugen Kopfes der Automobilwelt: des Schweizer Piloten und Ingenieurs Michael May. May war es, der Ferrari dazu überzeugte, von den Speichen zu Leichtmetallfelgen überzugehen und entwickelte einen Turbokompressor für die Ford-Motoren mit sechs Zylindern, der dann beim SIREX verwendet wurde.

Alles bestens also? Nein. Das Märchen endet hier. LMX Automobile S.r.l. ging das Geld aus oder vielleicht unterschlug es jemand, das erfuhr man nie. Das Unternehmen konnte die Bestellungen nicht mehr bezahlen und ging in Konkurs. So wurde es dann von einer Allba-Gesellschaft übernommen, die in personalisierten Geländewagen spezialisiert war, doch der neue Eigentümer war mehr an den Maschinen interessiert als an der Fortsetzung der Erzeugung des Fahrzeugs und stellte nur die elf halbmontierten Fahrgestelle fertig. Danach gehört der LMX SIREX der Vergangenheit an. Mandelli führte sein Leben weiter. Liprandi ging nach Spanien und bot weiterhin Beratung in der Automobilbranche an.

Beinahe alle vergaßen das Märchen. Einschließlich Experten und Historiker. Doch nicht das Oldtimer-Register LMX SIREX, das mit großer Mühe und nach langer Forschung diese „beinahe“ verloren gegangene Geschichte wieder zum Leben erweckt und zu Auto e Moto d‘Epoca 2019 bringt. Ein „Kampf“ im Namen der Automobilkultur und insbesondere ein Liebesbeweis seiner wenigen, jedoch begeisterten Liebhaber. Denn den Sirex, von dem nicht mehr als 50 Exemplare in Italien, Belgien, Luxemburg, Deutschland und Spanien verkauft wurden, gibt es noch immer auf den Straßen Europas. Und anscheinend ist es genauso aufregend, ihn zu lenken, wie am ersten Tag.

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